
KONZERT ZUR ERÖFFNUNG DER AUSSTELLUNG

Konzept: Alexander von Stenglin | Kurator: Dr. Nico Janke
KONZERTPROGRAMM
Auswahl Stefan Fischer
Die Musici der
Mecklenburgischen Staatskapelle Schwerin
Lutong Zhang - Violine
Brita Lenke - Viola
Yeeyon Kim und Shenghan Gao – Violoncello
spielen Musik aus dem Repertoire der Hof-/Staatskapelle.
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Thomas Mancinus
(1550 Schwerin – 1611/12 Schwerin)
Das Erste Buch Newer Lustiger und
Höfflicher Weltlicher Lieder…, 1588
daraus: Nr. IV: Come fenice son
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Carl Westenholz, jun.
(1788 Ludwigslust – 1854 Ludwigslust)
Menuetto B-Dur
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Georg Alois Schmitt
(1827 Hannover – 1902 Dresden)
(1856 – 1892 Hofkapellmeister in Schwerin)
Sonate Nr. 1 F-Dur für Violine und Violoncello
daraus: 3. Satz Allegro molto. Scherzino.
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Anonymus
(Handschrift Johann Matthias Sperger)
(1750 Feldsberg – 1812 Ludwigslust)
Fuge 1
ÜBER DIE MUSIK

Thomas Mancinus „Come fenice son“ 1588 - Bayrische Staatsbibliothek
„alte Schweriner Musik an frischer Schweriner Luft“
„Der Phönix war gleichfalls ein fabelhafter Wunder-Vogel der Alten.“ so ist es im „Bilderbuch für Kinder“, einem Weimaraner Wissensbuch des 18. Jahrhunderts, von Friedrich Justin Bertuch zu lesen, und weiter: „Es lebte immer nur ein einziger auf der Welt, in Arabien, wohin man alle Wunder setzte. Dieser wurde an 500 Jahre alt; und wenn er nun des Lebens müde war, so trug er kostbare Spezereien in sein Nest zusammen, ließ diese von der Sonne anzünden, und verbrannte sich selbst; worauf alsdann aus seiner Asche ein junger Phönix hervorkam, und er sich auf diese Art erneuerte.“
Die vierte Motette der Sammlung „Das Erste Buch Newer Lustiger und Höfflicher Weltlicher Lieder“ aus dem Jahr 1588 des Schweriner Komponisten Thomas Mancinus hat den Text: „Come fenice son…“, und so entsteht aus dem Alten, den alten Noten, etwas Neues, Heutiges, Gegenwartskunst.
Für den schönen Klang sorgen vier Handwerkskönner und Hofmusici der Mecklenburgischen Staatskapelle Schwerin: Lutong Zhang, Brita Lenke, Yeeyon Kim und Shenghan Gao, die Erben der Meister, deren Musik sie spielen.
Thomas Mancinus, 1550 in Schwerin geboren, gehörte zu den Sing-Knaben, die ab dem 17. Juni 1563 die erste Hofkapelle, damals Hof-Kantorei, in Schwerin bildeten. Nach dem Studium an der Rostocker Universität wurde er als Hofkapellmeister zurück in seine Heimatstadt berufen, wechselte später als Tenor an den Berliner Hof und erhielt die ehrenvolle Aufgabe, in Wolfenbüttel eine Hof-Kantorei zu gründen, deren Kapellmeister er bis zu seinem Ruhestand blieb. 1611 kam er zurück nach Schwerin und starb kurz darauf in seiner Geburtsstadt.
Es ist nicht übertrieben, Thomas Mancinus als den bedeutendsten in Schwerin geborenen Komponisten zu bezeichnen, und es wäre zu wünschen, würde seine Musik wie Phönix aus der Asche aus dem Jahrhundertstaub der Bibliotheken immer wieder neu erwachen und zu hören sein.
Gleiches gilt natürlich auch für die anderen Meister unserer Mecklenburg-Schweriner Hofkapelle, die heute Mecklenburgische Staatskapelle Schwerin heißt.
Einer der als doppeltes Musikerkind direkt in diese Hofkapelle hineingeboren wurde, war Carl Ludwig Cornelius Westenholz. Beide Eltern waren prägende Musikergestalten der mecklenburgischen Musikgeschichte:
Carl Westenholz hatte sein ganzes Musikerleben in diesem Ensemble verbracht, erst als Kapellknabe, später als Tenor und Cellist Konzertmeister, dann Hofkapellmeister. Leider verstarb er wenige Tage nach dem ersten Geburtstag seines jüngsten Sohnes Carl Ludwig Cornelius.
Sophie Westenholz war ebenfalls eine begnadete Musikerin, europaweit gerühmte Pianistin, Glasharmonikaspielerin, Hof-Sängerin und Komponistin, und nicht zuletzt Lehrerin ihrer 8 Söhne und Töchter.
Carl Ludwig Cornelius hat als späteres Mitglied der Hofkapelle viel mit seiner Mutter gemeinsam musiziert und er hat vor allem Klaviermusik komponiert.
Das B-Dur Menuett habe ich aus einem Klaviertanz in ein Trio für Geige, Bratsche und Cello verwandelt, hoffnungsvoll, dass Carl Ludwig Cornelius Westenholz damit einverstanden wäre. 1837 wurde die Hofkapelle aus Ludwigslust zurück nach Schwerin berufen.
Carl Ludwig Cornelius Westenholz erlebte als Mitglied der ersten Violinen die Geburt des klassischen Opernorchesters mit.
Die Inthronisierung des wichtigsten Hofkapellmeisters im Schwerin des 19. Jahrhunderts, Georg Alois Schmitt, im Jahr 1856, allerdings nicht mehr – Westenholz starb im Ruhestand 1854 in seiner Geburtsstadt Ludwigslust.
Die nächste Generation prägte das Musikleben der Residenzstadt: Hoftheaterintendant (und bedeutender mecklenburgischer Komponist) Friedrich von Flotow engagierte den noch nicht dreißigjährigen, aber bereits deutschlandweit bekannten Pianisten (und Komponisten) Georg Alois Schmitt als Hofkapellmeister.
Schmitt blieb 36 Jahre lang in Schwerin und führte die Kapelle zu ungeahnter künstlerischer Leistung, etwa 100 Jahre nach der großen Ludwigsluster Zeit der Hofkapelle unter der Leitung von Carl und Sophie Westenholz, Antonio Rosetti, Eligio Celestino und auch Johann Matthias Sperger, einem der größten Kontrabaß-Virtuosen seiner Zeit.
Sperger hat sich sein Leben lang musikalisch weitergebildet und u.a. viele Fugen zu Studienzwecken abgeschrieben, wie in unserem Fall eine Fuge von –was wir leider nicht wissen, aber ganz ausgeschlossen werden kann nicht, dass es sich um eine eigene Spergersche Komposition handelt.
Etwa 300 Jahre nach der Komposition der Motette „Come fenice son“ von Thomas Mancinus, am 23. März 1885, fand im Staats-(damals Hof-)theater ein Konzert „dem Gedächtnis einheimischer Komponisten gewidmet“ statt. Die Leitung hatte Hofkapellmeister Georg Alois Schmitt.
Der musikalische Wunder-Vogel Phönix erschafft sich auch in Mecklenburg immer wieder neu. Die kostbaren Spezereien sind unsere ganz eigenen und besonderen Kompositionen.
Stefan Fischer.

Thomas Mancinus
Kulturforum Schleswig-Holstein-Haus in Schwerin
02. Juli 2022 - 04. September 2022
Vernissage: 02.07.2022, 15:30 Uhr
Puschkinstraße 12, 19055 Schwerin | Di-So 11-18 Uhr
Schirmherrschaft:
Manuela Schwesig
Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern